Dienstag, 30.01.2018, 20:00
Samstag, 03.02.2018, 18:00
Audimax, Hörsaalgebäude, Uni Marburg

Antonin Dvorak: Der Wassermann
Richard Strauss: Vier letzte Lieder
Felix Mendelssohn Bartholdy: Sinfonie Nr.4

Manfred Ulrich Metzger, Dirigent
Yuka Yanagihara, Sopran

Warmer Wohlklang, südliches Feuer

Studenten-Sinfonie-Orchester Marburg musizierte im Audimax Dvorák, Mendelssohn Bartholdy und Strauss. Das Studenten-Sinfonie-Orchester Marburg (SSO) setzt immer wieder Meisterwerke aufs Programm, die bei anderen Konzertveranstaltern ein Schattendasein fristen. So auch beim aktuellen Semesterabschlusskonzert.

von Michael Arndt

Marburg. Die Rede ist von den sinfonischen Dichtungen, mit denen der tschechische Romantiker Antonín Dvorák in den 1890er-Jahren, nach seiner Rückkehr aus den USA, sein orchestrales Schaffen beendet hat. Sie tauchen nur selten in den Spielplänen deutscher Sinfonieorchester auf. Wer am Dienstag im Audimax das erste dieser vier Werke mit dem Titel „Der  Wassermann“– wahrscheinlich eine Marburger Erstaufführung – gehört hat, kann dies nicht verstehen. Dvorák hat sich dazu durch eine Volksballade inspirieren lassen, in dem ein gar schauriges Märchen erzählt wird: Der Wassermann raubt ein Mädchen, zwingt es zur Ehe, zeugt mit ihm ein Kind und tötet dieses, nachdem die Gattin von einem Besuch bei ihrer Mutter nicht ins Wasserreich zurückgekehrt war. Dvorák hat die Handlung in die Form eines Rondos gekleidet – und zwar ganz im ursprünglich Wortsinn als „Rundtanz“,
indem er die Melodien in sich kreisen lässt, sie unermüdlich wiederholt. Das SSO unter der auf dramatische Kontraste und Spannung setzenden Leitung
von Ulrich Manfred Metzger widmete sich diesem Klangreichtum mit warmem Wohlklang in den lyrischen Episoden. Und die finale Katastrophe, der ein versöhnlicher „Es-wareinmal“- Märchenschluss folgt, brach mit Urgewalt über die 800 Zuhörer herein, die sich danach bei einer der populärsten Sinfonien
der Romantik entspannt zurücklehnen durften. Die „Italienische“ von Felix
Mendelssohn Bartholdy musizierte das SSO in Kammerorchesterbesetzung.
Mit jugendlichem Schwung durchmaßen die Musiker den vorwärts stürmenden Kopfsatz, ließen ihre Instrumente im vokal inspirierten d-Moll-Andante singen, bevor tänzerische Grazie im Menuett von romantischem
Hörnerklang kontrastiert wurde. Höhepunkt aber war der Finalsatz. Dem „Saltarello“, für den der Komponist auf einen originalen neapolitanischen
Volkstanz zurückgegriffen hat, blieb das SSO nichts an südländischem Feuer schuldig, ohne den Feinschliff zu opfern. Nach der Pause trat das Orchester
wieder in voller Stärke auf, musizierte nun aber nicht mehr in der bis zum Ende
des 19. Jahrhunderts üblichen „deutschen“ Aufstellung mit den Kontrabässen hinter den Ersten Violinen, denen die Zweiten Violinen gegenüber sitzen. Für die „Vier letzten Lieder“ von Richard Strauss, die dieser 1948 komponiert hat, also ein Jahr vor seinem Tod, wählte Metzger die in diesem Fall historisch richtigere „amerikanische“ Aufstellung, die heutzutage ohnehin allgemein üblich ist. Strauss blickt als 84-Jähriger in seinem letzten vollendeten Werk zurück auf ein reiches Komponistenleben und nimmt gleichzeitig Abschied – ohne jeden Anflug von Schmerz und Trauer. Das am Ende seines Lebens vorherrschende Gefühl des Müde-Werdens kleidet er durchweg in ein mild-verklärtes Licht. Das SSO musizierte unter Metzgers auf dynamische  zurückhaltung setzender Leitung betörend weich, glänzte mit seinen Soli – Violine im dritten Lied – und trug die Sängerin Yuka Yanagihara auf Händen. So
konnte diese mühelos ihren in der Höhe silbrig flirrenden Sopran über den sanften Orchesterwogen erstrahlen lassen. Schade, dass von den Texten Hermann Hesses und Joseph von Eichendorffs nur Bruchstücke zu verstehen waren. Nach dem Vogelgezwitscher der Piccoloflöten, das die bange Finalfrage „Ist dies etwa der Tod?“ ins Friedvoll-Idyllische verwandelt, bevor der Zyklus in ergreifender Stille verklingt, hätte sich eigentlich eine Zugabe verboten. Bei Semesterabschlusskonzerten des SSO geht dies aber gar nicht.  So durfte sich das begeistert applaudierende Publikum noch an Elmer Bernsteins Musik zum Western „Die glorreichen Sieben“ aus dem Jahre 1960 ergötzen.