Dienstag, 02.02.2016, 20:00
Samstag, 06.02.2016, 18:00
Audimax, Hörsaalgebäude

Debussy: L’après-midi d’un faune
Mendelssohn: Sinfonie Nr. 5
Rachmaninov: Solokonzert für Klavier und Orchester
Nr. 3

Ulrich Manfred Metzger, Dirigent
Georgy Gromov, Pianist

Bravo-Rufe für das »Elefantenkonzert«

Wieder einmal wagte sich das Studenten-Sinfonie-Orchester Marburg (SSO) im nahezu ausverkauften Audimax an ein außerordentlich anspruchsvolles Programm. Und bestand die Herausforderung mit Bravour.

Das SSO und der Pianist Georgy Gromov musizierten unter der Leitung von Ulrich Manfred Metzger. Gleich der Beginn des Semesterabschlusskonzertes verlangt ein Maximum an klanglichem Differenzierungsvermögen und enthält schwierige Solo-Partien. Claude Debussy ließ sich für sein erstes Orchester-Meisterwerk »Prélude à l‘après-midi d‘un faune« von einem Gedicht des Symbolisten Stéphane Mallarmé inspirieren, der wiederum seine Eindrücke eines Barock-Bildes von François Boucher, dem Günstling der Marquise de Pompadour, wiedergibt. Das zehnminütige »Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns« schildert mit höchstem Raffinement der Instrumentation Liebesglut und wohliges Ausruhen nach erfüllter Begierde und macht die sengende Mittagsglut einer mediterranen Landschaft mit ihren Licht- und Farbveränderungen fast körperlich fühlbar. Mit seinem Flötenspiel versucht der Faun, Nymphen zu verführen. Ulrike Bengsch musizierte das ohrwurmartige Thema mit weichem Ton, unterstützt von David Kesebergs geschmeidigem Oboen-Spiel, dem samtigen Horn-Klang, den Alexander Mänz beisteuerte, und den dezenten Arpeggien, die Daniela Reimann der Harfe entlockte. An der Spitze der seidig intonierenden Streicher steht nach langer Zeit wieder ein Mann: Konzertmeister Simon Schwarz ließ mit seinem fein ziselierten, wie aus weiter Ferne kommenden Solo aufhorchen. Spätestens an dieser Stelle muss die Rede sein vom Dirigenten Ulrich Manfred Metzger, der mit seiner umsichtig-eindringlichen Stabführung für diese wunschlos glücklich machende Wiedergabe sorgte, wobei er sich während der Proben von Elisa Friedrich als Streicher-Dozentin und Christoph Aßmann als Blechbläser-Dozent unterstützen ließ. Kaum zu glauben, aber wahr: Unter Metzgers Leitung vermochte sich das SSO noch zu steigern – als ebenbürtiger Partner des russischen Pianisten Georgy Gromov. Der 35-Jährige hat alle vier Klavierkonzerte seines Landsmannes Sergei Rachmaninow im Repertoire. Als das schwierigste gilt das dritte – scherzhaft »Elefantenkonzert« genannt. Dieser Beiname passt allerdings überhaupt nicht zu dem dezent-diskreten Beginn des d-Moll-Konzertes, zu dem es in der gesamten Literatur nur ein Pendant gibt: den Anfang von Beethovens viertem Klavierkonzert in G-Dur. Doch täuscht dieser lyrische und im Kern völlig unvirtuose Klavier-Monolog. Was folgt ist ein Parforceritt, den Rachmaninow, selbst ein Tasten-Titan, dem Pianisten zumutet. Aber Gromov meisterte die extremen Anforderungen an seine Geläufigkeit und Akkordtechnik mit nie nachlassender Energie, tauchte darüber hinaus tief ein in die Welt der leisen Zwischentöne. Als der von Gromov und dem SSO geradezu fieberhaft auf seinen furiosen Schlusspunkt zugetriebene Finalsatz verklungen war, überschütteten die mehr als 800 Zuhörer alle Mitwirkenden mit Beifall und Bravo-Rufen. Nach so viel spätromantischer Emphase fiel es dem SSO nicht ganz leicht, sich voll und ganz einzulassen auf den herben und strengen Tonfall, den Felix Mendelssohn Bartholdy in seiner fünften, der sogenannten Reformations-Sinfonie anschlägt. Dennoch: Trotz einiger Patzer hier und da, die sicher auch dem einstündigen Höchsteinsatz vor der Pause zu schulden waren, beeindruckte das Orchester wieder mit seinem nuancenreichen Musizieren, wozu auch die bei aller Strahlkraft doch stets kultivierten Blechbläser beitrugen. In der traditionellen Filmmusik-Zugabe befehligte Metzger, als »Gladiator« verkleidet, mit dem Schwert seine Frauen und Mannen – zu den Klängen von Hans Zimmer und Lisa Gerrard. Die schafften es jedoch nicht, den Schluss von Mendelssohns Fünfter aus den Ohren der Zuhörer zu vertreiben, basiert dieser doch auf dem Choral-Ohrwurm »Ein‘ feste Burg ist unser Gott«.